Arzneimittelhersteller begehren Zwangslizenz für AIDS-Medikament, BPatG3 Li 1/16 & BPatG3 LiQ 1/16
Kläger der Zwangslizenzklage beim Bundespatentgericht sind verschiedene Unternehmen der US-amerikanischen Konzerngruppe Merck & Co., die ein HIV/ AIDS-Medikament mit dem Wirkstoff Raltegravir, einem Integrase-Inhibitor, in der Bundesrepublik Deutschland vermarkten. Integrase-Inhibitoren werden zur Behandlung der HIV-Infektion verwendet. Sie verhindern den Einbau der DNA des Virus in die DNA menschlicher Zellen.
Die Patentinhaberin ist der Ansicht, dass der Medikamentenvertrieb ihr Patent verletze und hat deshalb beim Landgericht Düsseldorf (Az.: 4c O 48/15) u.a. auf Unterlassung geklagt. Die Klägerinnen haben daraufhin beim Bundespatentgericht Klage (Az.: 3 Li 1/16) gemäß §§ 24, 81 Patentgesetz erhoben, um eine Zwangslizenz an dem Patent zu erwirken, die ihr die Benutzung des HIV/AIDS-Medikaments in der Bundesrepublik gegen Zahlung einer angemessenen Lizenz ermöglichen würde.
Nach § 24 Patentgesetz kann eine solche Zwangslizenz erteilt werden, wenn sich der Lizenzsucher erfolglos bemüht hat, vom Patentinhaber eine Lizenz zu angemessenen Bedingungen zu erhalten und das öffentliche Interesse die Erteilung einer solchen Zwangslizenz gebietet. Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses können insbesondere Gesichtspunkte der allgemeinen Gesundheit eine Rolle spielen.
Die Klägerinnen halten die Sache für eilbedürftig und begehren deshalb zusätzlich zu ihrer Klage in einem Eilverfahren (Az.: 3 LiQ 1/16) gemäß § 85 Patentgesetz die vorläufige gerichtliche Anordnung einer Benutzungserlaubnis für ihr HIV/ AIDS Medikament mit dem Wirkstoff Raltegravir.
Mit den Regelungen in § 24 und § 85 Patentgesetz soll ein angemessener Ausgleich zwischen dem Monopolrecht des Patentinhabers und dem Gemeinwohlinteresse erreicht werden. Eine Eilanordnung nach § 85 Patentgesetz setzt unter anderem voraus, dass die Erteilung einer vorläufigen Benutzungserlaubnis im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Diese Dringlichkeit wäre nur gegeben, wenn ein längeres Zuwarten nicht verantwortet werden könnte, um wesentlichen Nachteile von der Öffentlichkeit abzuwenden.
Die Klägerinnen tragen hierzu vor, dass schwerwiegende Nachteile für AIDS-Patienten drohten, die auf ihr Medikament mit dem Wirkstoff Raltegravir angewiesen seien. Andere gleichwertige AIDS-Medikamente seien in der Bundesrepublik nicht verfügbar, weshalb schwerwiegende Beeinträchtigungen der Gesundheitsversorgung zu befürchten seien, wenn sie das Medikament nicht mehr vermarkten dürften. Sie behaupten insbesondere, dass für Säuglinge und Kinder kein geeignetes Ausweichmedikament mit Integrase-Inhibitoren zur Verfügung stehe.
In dem Eilverfahren wird die mündliche Verhandlung vor dem 3. Senat des Bundespatentgerichts voraussichtlich am 30. August 2016 um 9.30 Uhr stattfinden.